Vom Schwur zur Vereinbarung
„Wir stehen hier und reichen einander die Hände. Ein Wille, ein Ziel einigt uns: Frei wollen wir sein! In tiefster Not versprechen wir, einander zu helfen, im Kampfe gegen die Vögte zusammenzustehen und uns vor keine Gewalt beugen.“
Zugegebenermassen sind Stauffachers Worte auf dem Rütli lange her und unbewiesen. Der Idee nach haben sie an Aktualität aber nichts verloren.
Wenn Menschen aufeinander treffen, prallen unweigerlich verschiedene Wertvorstellungen und unterschiedliche Verhaltensweisen aufeinander. Ob im Sport, am Arbeitsplatz oder in der Freizeit – Normen, Abmachungen und Gesetze bestimmen das Zusammensein. In einem Vertrag sind die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ehe geregelt, ein Biobauer muss gesetzliche Bestimmungen genau einhalten, will er Subventionen vom Staat erhalten, und selbst Kinder und Jugendliche unterstehen der Schulpflicht und müssen sich an die Schulordnung halten. Es braucht diese Verordnungen und Gesetze für ein geordnetes Zusammenleben in einer Gesellschaft.
Identifikation schaffen
All diese fremdbestimmten Bedingungen sind von einer Instanz verordnet und können ein Gefühl der Ohnmacht auslösen. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich wohler fühlt, wenn er selber sein Handeln bestimmen kann. In kleineren, gesellschaftlichen Gruppen ist dies auch gut möglich. Sofern sich alle Mitglieder an gewisse, gemeinsam getroffene Abmachungen halten und sich mit den Gruppenzielen und Vereinbarungen identifizieren können. In einem Kleinunternehmen könnte dies beispielsweise heissen, dass sich alle Mitarbeiter für rauchfreie Arbeitsräume entscheiden. Sie gehen gemeinsam ein „Commitment“ ein. Commitment meint die Einstellung und Verpflichtung, die man gegenüber einem Anliegen oder einer Organisation hat. Es besagt, wie gross Identifikation und Engagement für eine bestimmte Sache sind. In der Wirtschaft ist dieser Begriff eine feste Grösse. Es ist ein Mass für die Bindung der Mitarbeiter und Führungskräfte an das Unternehmen. Je höher die Bindung, desto motivierter vertreten sie die Unternehmensziele.
Neuer Führungsstil
Commitments sind also nichts grundsätzlich Neues. Es sind gemeinsam getroffene Abmachungen über Verhaltensweisen, Überzeugungen und Absichten. Ein Ehepaar sichert sich nicht nur rechtlich mittels Vertrag ab. Sie gehen gemeinsam auch eine Verpflichtung ein, füreinander zu sorgen und dem Partner oder der Partnerin Respekt und Menschlichkeit entgegen zu bringen. Ein Forscherteam definiert für sich moralische und ehtische Standards, die es in seiner täglichen Arbeit einhält. Und das Bundesamt für Sport startet das Projekt „Doping freier Spitzensport“, um Athletinnen und Athleten in die Verantwortung der Dopingbekämpfunge mit einzubeziehen. Dies sind nur drei von vielen möglichen Beispielen.
Commitments ersetzen auf keinen Fall geltende Gesetze und Regeln, vielmehr ergänzen sie diese. Sollen sie nachhaltig wirken, müssen sie freiwillig eingegangen und gemeinsam erarbeitet werden. Das bedingt oft einen neuen Führungsstil, denn „verordnete Vereinbarungen“ demotivieren mehr, als dass sie nützen. Vorgesetzte, Trainerinnen und Eltern müssen ihre Mitarbeiten, Spielerinnen und Kinder daher an der Erarbeitung der Vereinbarung teilhaben lassen. Sie müssen mitentscheiden können, welches Verhalten wünschenswert ist. Nur so lässt sich die benötigte Bindung an das Commitment und die Verantwortlichkeit an die abgemachten Vorsätze erreichen. Wichtig ist, dass die in einer Gruppe gemachten Verpflichtungen verbindlich sind und von allen eingehalten werden. Daher sind auch Überlegungen zu treffen, was zu tun ist, wenn Abmachungen gebrochen werden.
Schlechte Vorbilder
Der Sport lebt von der Auseinandersetzung mit andern und bietet daher viele Gelegenheiten, um Erfahrung im Umgang mit Gefühlen zu sammeln. Gegner und Mitspieler, Fans und Schiedsrichter, Regeln und Ehrgeiz bringen Emotionen ins „Spiel“. Sport kann verbinden, Menschen einander näher bringen und zwischenmenschlichen Kontakt erleichtern. In ihm zeigen sich aber auch alle gesellschaftlichen Konflikte: Übermässiger Konsum von Genussmitteln, Gebrauch von illegalen Sucht- und Dopingmitteln, Ausschluss von Andersdenkenden, Übertretung von Grenzen, sexuelle Übergriffe oder unfaires Verhalten. Die Spuck- und Lügenaffäre an den Fussball-europameisterschaften beispielsweise zeigt deutlich: Wenn es wie im Spitzensport um „das tägliche Brot geht“, wird die Fairness manchmal mit Füssen getreten. Faule Tricks und kleine Regelverstösse sind nichts Ungewöhnliches. Sie sind im Gegenteil oft erwünscht und werden des Erfolges wegen akzeptiert. So erschummelt sich der „Schwalbenkönig“ den entscheidenden Elfmeter, der Feldspieler wälzt sich mit Schmerz verzerrtem Gesicht nach einem harmlosen Foul auf dem Rasen und der Torschütze jubelt über das irregulär mit der Hand erzielte Tor. Der Zweck heiligt auch hier die Mittel.
Hin- statt wegschauen!
Wir müssen nicht bis in den Spitzensport vordringen, um solche Vergehen zu finden. Allwöchentlich werden auf den Schweizer Spielfeldern Schiedsrichter verbal beschimpft und Gegenspieler mit unfairen Mitteln attackiert. Doch nicht nur die Akteure selbst zeigen des öftern ein Fehlverhalten. Auch Trainer und Zuschauer gehen mit schlechtem Beispiel voran. Was tun, wenn Gegner als Feinde betrachtet und mit Worten und Rempeleien traktiert werden? Akzeptieren, wenn dauernd über Spielregeln und Schiedsrichterentscheide aufs heftigste lamentiert wird? Zuschauen, wenn Siege mit reichlich Alkohol gefeiert werden? Schauen wir hin statt weg! Sinnvoll erarbeitete und von allen getragene Commitments können hier Gegensteuer geben und tragen dazu bei, dass Grundwerte bewusster werden, dass Regeln besser akzeptiert und eingehalten werden und dass mit Emotionen positiver umgegangen werden kann.
Quellennachweis:
Inhalt: Jugend+Sport, mobile 1, Dez. 2004, COMMITMENTS
Autoren: Ralph Hunziker, Hans Ulrich Mutti, Anton Lehmann, Barbara Boucherin
copyright: www.mobile-sport.ch
Bild: www.juropa.net
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