Abseilen? Nein! Auf keinen Fall. Das ist doch viel zu gefährlich, und was da alles passieren könnte!
Wir möchten Dir zeigen, dass Abseilen nicht gefährlicher als ein Geländespiel im Wald sein muss. Beachtet man die grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen, dann wird Abseilen zu einem guten und speziellen Ereignis, das noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Kompletter Artikel mit Bildern von Knoten, Karabinern, etc. siehe PDF-Datei
Kurzanleitung zum erfolgreichen Abseilen
Als erstes solltest Du Dich nach einem geeigneten Gelände umsehen. Nimm Dir dazu genügend Zeit, denn ein guter Abseilplatz ist schon die halbe Miete. Überlege Dir, wie hoch die Abseilstelle sein soll, da es für die Teilnehmer stark darauf ankommt, ob sie nur über ein kleines Mäuerchen von zehn Meter oder über eine Felswand von 30 Meter abseilen. Hast Du einen Platz gefunden, so stell Dir folgende Fragen:
- Gibt es genügend Möglichkeiten, um die Abseilstelle zu sichern?
- Haben zumindest der Abseilende und der sichernde Leiter einen genügend grossen Standplatz, ohne sich selber und andere zu gefährden?
- Gibt es einen sicheren Zustieg zur Abseilstelle, d.h. können deine Teilnehmer gefahrlos die Abseilstelle erreichen?
Such einen Platz, der die Möglichkeit bietet, die Kinder, welche gerade nicht abseilen können, anderweitig zu beschäftigen. Natürlich ist eine spannende Abseilstelle (z.B. neben einem Wasserfall, an einem Ort mit guter Aussicht) für die Teilnehmer viel interessanter, als wenn Du an einem Lehmhang im dunklen Wald abseilst. Hat man Kinder dabei, die noch nie abgeseilt haben und dadurch ängstlich sind (was auch sehr wahrscheinlich ist), dann achte darauf, dass es in der Nähe einen nicht zu steil abfallenden Hang hat, an dem das Abseilen geübt werden kann.
Seilbefestigung / Sicherung
Wenn Du nun den idealen Platz gefunden hast, geht es darum, die Abseilstelle einzurichten (Siehe Abb. S. 26). Dazu brauchst du mindestens zwei bombensichere Befestigungs- punkte wie z. B. zwei gesunde Bäume, ein einbetoniertes Geländer, oder etwas Ähnliches. Nun wird das Seil mit Hilfe zweier Bandschlingen an den Befestigungspunkten festge- macht (beim Aufbau der Sicherung solltest Du darauf achten, dass alle Sicherungspunkte redundant, d.h. doppelt ausgeführt sind). Wichtig ist dabei, dass der Sichernde einen guten Standplatz hat (Achtung: Steinschlag, Rutschgefahr etc.). Im Weiteren muss die Kommunikation zwischen dem Abseilenden und der sichernden Person ständig gewähr- leistet sein, damit bei auftretenden Problemen sofort eingegriffen werden kann. Am unteren Ende der Abseilstrecke sollte eine weitere Leiterperson stehen, die den Abseilen- den vom Seil löst und darauf achtet, dass sich unbeteiligte Personen nicht in der Abseilzone aufhalten.
Abseilen
Jetzt bus Du endlich bereit und kannst die mutigste Person auf die Reise schicken. Nachdem das «Gschtältli» angezogen wurde, hängst Du den Abseilachter im Seil ein und befestigst ihn anschliessend mit einem Schraubkarabiner am Gschtältli (Karabiner immer zuschrauben). Mit einem weiteren Karabiner kannst Du das Sicherungsseil am Gschtälti befestigen. Gesichert wird nun mit Hilfe eines Halbmastwurfes und eines HMS-Karabiners, der an der Verankerung eingehängt wird.
Die Haltung beim Abseilen ist generell mit den Füssen senkrecht zur Wand stehen, Beine durchstrecken und leicht spreizen (Öffnungswinkel ca. 45°). Dies verhindert, dass man seitwärts umkippt. Nun heisst es, sich langsam Schritt für Schritt nach unten zu arbeiten, bis man wieder sicheren Boden unter den Füssen hat. Spätestens jetzt überkommt einen ein Hochgefühl, gemischt mit einer Portion Erleichterung.
Grundsätzliches
Sicherheit
Wenn man mit Kindern abseilt, dann ist die Verantwor- tung gross, dessen muss man sich unbedingt bewusst sein. Das Abseilen sollte zuerst im Leiterteam ausprobiert werden, bevor man einen Jungscharnachmittag durchführt. Vielleicht kennst du eine erfahrene Person in deinem Bekanntenkreis, die euch dabei hilft.
Auf folgende Punkte gilt es beim Abseilen im Besonderen zu achten:
● Lange Haare / Kleider:
Kommen diese erst einmal zwischen Seil und Abseilachter, wird es schwierig und ziemlich sicher schmerzhaft, dies wieder rückgängig zu machen. Auch Halsketten oder ähnliches können verhängnisvoll wir- ken
Steinschlag
Bei der Auswahl des Geländes darauf achten, dass keine Steine ausbrechen können (Nagelfluh ist deshalb denkbar ungeeignet zum Abseilen).
Allgemeine Redundanz
Alle Elemente sollten wenn möglich doppelt geführt werden. Zum Beispiel das Seil mit zwei Schraubkarabinern befestigen (s. Abb.). Für das zweite Seil, welches zur Personensicherung verwendet wird, sollte eine eigene Verankerung gewählt werden. Dabei unbedingt darauf achten, dass die Karabiner zugeschraubt werden!
Reibwärme
Zwischen Seil und Abseilachter entsteht Wärme. Je nach Abseilgeschwindigkeit genügt diese Wärme, um den Seilmantel zum Schmelzen zu bringen. Unten angekommen, sollte das Abseilgerät sofort vom Seil getrennt werden.
Material
Das Material ist beim Abseilen von grosser Bedeutung. Beim Ausleihen von Material immer darauf achten, dass dieses in gutem Zustand ist. Man sollte wissen, woher das Material kommt und was es schon alles erlebt hat. Vor allem beim Seil und bei den Karabinern können Stürze unsichtbare Risse hervorrufen. Ist dies der Fall, nimmt man besser ein anderes Seil, einen anderen Karabiner.
- Seil:
Im Gegensatz zum Klettern, wo nur Kletterseile (dynamische Seile) verwendet werden, kann man zum Abseilen auch Statikseile verwenden. Mit Hanfseilen sollte man nicht abseilen.
- Abseilgerät:
Im Normalfall seilt man mit einem Abseilachter ab. Es gibt auch noch eine ganze Palette von Spezialausrüstung, die jedoch nur bedingt für Kinder geeignet ist.
- Karabiner:
Es sollten nur HMS-Karabiner verwendet werden (Kennzeichen: Birnenförmig). Zudem müssen die Karabiner eine Verschlusssicherung besitzen (Schraubverschluss, TwistLock etc.)
- Gschtälti:
Es ist zu empfehlen, Kombis zu verwenden. Darauf achten, dass man auch kleine Kombis für Kinder dabei hat.
- Bandschlingen
Bandschlingen sind hoch belastbar und zur Verankerung zu gebrauchen. In der Not lässt sich auch mit Bandschlingen ein «Not-Gschtältli» herstellen.
Advanced
Hier noch ein paar weiterführende Informationen rund um das Abseilen. Sucht man den besonderen Kick, dann sollte man einmal überhängend abseilen, zum Beispiel von einer Felskante oder einem Aussichtsturm. Das Schwierigste dabei ist, mit den Füssen den Boden zu verlassen und völlig frei am Seil zu hängen.
Achtung: Wir haben schon erlebt, dass ein Kind plötzlich in Panik ausgebrochen ist. Das kann dann heissen, dass eine leitende Person sich zu diesem Kind herabseilen muss, um sich dann gemeinsam mit dem Kind nach unten zu arbeiten. Dies ist jedoch die Ausnahme.
Ein Kind sollte sich immer freiwillig abseilen. Manchmal muss man einem Kind jedoch etwas die Angst davor nehmen, und es wieder und wieder ermutigen, den Schritt über die Kante zu wagen. Zwang oder Gruppendruck sind damit jedoch nicht gemeint. Bedenke dabei auch, dass es Kinder gibt, die Höhenangst haben. Hier werden alle Bemühungen umsonst sein.
Noch etwas zum Thema Sitzgurt. Beim Klettersport sind die sogenannten Sitzgurte sehr verbreitet. Beim Abseilen gilt es jedoch zu beachten, dass man hinausfallen kann (bei einem Sturz kopfüber). Darum diese Sitzgurte nur in Verbindung mit einem Brustgurt ver- wenden. Brustgurt und Sitzgurt mit einer Reepschnur zusammenbinden (Achterknoten).
Auf der Homepage der JS Henggart (www.jshenggart.ch.vu) findest Du bei den Downloads einen kurzen Film mit dem Thema Abseilen zum Herunterladen. Dieser Film zeigt einige Eindrücke aus einem dieser Jungscharnachmittage zwischen Himmel und Erde.
Quellennachweis
Inhalt + Bild:
Forum Kind 1/04. Zwischen Himmel und Erde. Verschiedene technische Aspekte rund ums Abseilen, Seiten 25 + 26 www.forum-kind.ch
Autoren:
Andi Flückiger und Urs Bänninger, Jungschararbeit FEG Henggart
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