Der Lern- und Lehrvorgang

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Wie lernen Kinder- und Teenager? Was prägt das Lernen? Welche Konsequenzen hat dies für den Lernvorgang? Auf diese und weitere Fragen möchte dieser Artikel auskunft geben.

1 Wie lernen die Kinder und Teenager?

Wir gehen davon aus, dass Kinder im Bild Gottes geschaffene Persönlichkeiten sind. Dieser Ausgangspunkt beeinflusst unsere Vorstellung vom Lernvorgang. Weil das Kind eine Persönlichkeit ist, betrachten wir das Lernen als einen aktiven, vom Kind ausgehenden Vorgang. Die experimentellen Arbeiten von Jerome Bruner und seinen Mitarbeitern an der Harvard Universität liefern geeignetes Beweismaterial für diese Überzeugung.[1] Das Kind gelangt mit Hilfe des Denkens, Wollens und Fühlens zu Wissen und Können. Es kann die sich daraus ergebenden Befähigungen denkend übertragen, weiterentwickeln und verschieden anwenden.

Schwerpunkte des Lernvorgangs

Beim Lernen geht es zunächst um die Aneignung von Wissen, von Wissen wie man etwas macht (Befähigungen) und von Verhaltensänderungen in allen Bereichen der Gottesbildlichkeit. Dies alles ist von biblischen Werten und Normen getragen.

Das menschliche Lernen ist derart komplex, dass bei der Beschreibung dieses Vorgangs viele verschiedene Aspekte berücksichtigt werden müssen.

  • Lernen beginnt mit der Wahrnehmung. Die Wahrnehmung ist der Empfang und die Deutung von Sinnreizen. Der Empfang der Reize läuft über die Sinnesorgane. Die Deutung geschieht durch das Gedächtnis. Da jeder Mensch nur eine be­grenzte Wahrnehmungskapazität hat, ist die Wahrnehmung selektiv und partiell. Um Neues wahrnehmen zu können, muss das Bereits-Bekannte (Redundanz) etwa 80% betragen, sonst ist der Lernende überfordert.
    Um das Wahrgenommene richtig verarbeiten zu können, braucht es die Auf­merksamkeit oder Konzentration. Die Konzentration ist die bewusste Bereitschaft, das Wahrgenom­mene zu deuten. Da die Konzentration ermüdet, sollten Anspannung und Entspan­nung im Unterricht abwechseln.[2]
     
  • Durch die Deutung und Verarbeitung des Wahrgenommenen gelangt man zu Wissen, Befähigungen und Verhaltensänderungen. Bei diesem Vorgang spielt das Gedächtnis eine entscheidend wichtige Rolle. Es gilt deshalb dem Kind zu helfen, sein Gedächtnis besser nutzen zu können.
    Das gebräuchliche Gedächtnismodell unterscheidet drei Systeme: 1. den sensori­schen Informationsspeicher, 2. den Kurzzeit- oder Arbeitsspeicher und 3. den Langzeitspeicher.[3]
     
  • Die Gedächtnisleistung kann wesentlich erhöht werden, wenn beim Lehren mehrere Eingangskanäle ins Hirn - der visuelle, auditive, taktile - genutzt werden.[4] Zudem kann durch die Vermittlung von klaren Begriffen die Gedächtnisleistung we­sentlich erhöht werden. Klare Begriffe ermöglichen ein klares Denken.[5]
     
  • Ferner kann sich das Kind das, was klar geordnet gelehrt wird, besser einprä­gen und behalten, als ungeordnet Dargebotenes.[6]
     
  • Wenn der Lehrer im Unterricht zuviel Stoff vorträgt, ist die Gedächtnisleistung sehr gering, da es zu einer Sättigungshemmung kommt. Auch dann, wenn sich Kinder über- oder unterfordert fühlen, ist die Gedächtnisleistung gering.[7]
    Man weiß heute, dass das Gedächtnis um so mehr aufnehmen kann, je mehr schon darin ist. Je mehr ein Mensch gelernt hat, desto mehr kann er lernen.[8]
     
  • Neuere Theorien begreifen Lernen als Informationsverarbeitung in Analogie mit einem Computer. In dieser Theorie geht es vor allem um das Beobachten, Kodieren, Speichern, Abrufen, Generalisieren und um das Lösen bestimmter Probleme.[9] Diese Analogie vermag aber nicht zu befriedigen. Die Kinder haben die Informationen nicht nur in geeigneter Weise, wie der Computer zu erfassen, sondern sie müssen angeleitet werden, diese geistig und seelisch bestimmten Normen und Werten entsprechend, richtig zu verarbeiten. Sie müssen kritisch selektionieren lernen, damit sie nicht von der heutigen Informationsflut erdrückt werden. Zudem sollten sie das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden lernen. Genau das ist den heranwachsenden Jugendlichen in unserer Gesellschaft nicht mehr möglich, da letzte Urteilskriterien, nachdem man sich von den Maßstäben der Bibel verabschiedet hat, fehlen.[10]
     
  • Weiter wird das Lernen durch das Lösen von Problemen gefördert, da es beim Problemlösen zu einem Transfer von Gedächtnisbeständen - Wissen und Verfahren - kommt. Es kann sein, dass das vorgegebene Wissen nicht ausreicht, um von einem bestimmten Ausgangszustand zum gewünschten Zielzustand zu gelangen. Das Denken muss nun dieses Problem lösen.
     
  • Damit das auf verschiedene Arten Gelernte auch behalten wird, muss es wiederholt, vertieft, geübt und angewandt werden.[11] Dann wird das Gelernte gut behalten, wenn es noch innerhalb der Unterrichtsstunde wiederholt, vertieft und geübt wird. Wiederholungen in einer folgenden Unterrichtsstunde greifen schon weithin ins Leere, weil das Ausgeführte bereits vergessen wurde. Diesen Umstand macht die Vergessenskurve von H. Ebbinghaus deutlich.[12] Im Blick auf das Behalten des Gelernten kann das Auswendiglernen bestimmter Schwerpunkte eine große Hilfe sein. Zu Unrecht begegnet man dem Auswendiglernen in unserer Zeit mit Geringschätzung.[13]
     
  • Beim Erlernen bestimmter Befähigungen werden Elemente anderer Befähigungen mitgelernt. Das Gelernte kann demzufolge in andere Bereiche transferiert werden. Besonders identische Elemente und allgemeine Grundsätze, Regeln eignen sich dazu. Sie helfen andere Bereiche schneller zu erfassen.
     
  • Das angeeignete Wissen soll im Leben des Kindes zur Tat, zur Handlung werden. Bei schwierigen Anweisungen ist bei der Umsetzung in die Tat viel Übung erforderlich. Wie wichtig die Tat, die Handlung ist, hat Hans Aebli, von den Überlegungen von Jean Piaget herkommend, entfaltet.[14] Er zeigt auf, dass es immer wieder neu darum geht, zwischen den Dingen und Problemen Beziehungen herzustellen.

Alle die eben vorgestellten Lernvorstellungen verstehen das Lernen als einen aktiven Vorgang des Kindes.

Denken, Wollen und Fühlen prägen den Lernvorgang

Wichtig scheint mir noch, darauf hinzuweisen, dass beim Lernprozess im Leben eines Kindes nicht nur das Denken eine zentrale Rolle spielt, sondern auch sein Wille und sein Gefühl. Das Ausblenden der Gefühle in den heutigen Lerntheorien verkennt die Bedeutung, die sie für den Denk- und Lernprozess haben.[15]

  • Weil Wille und Gefühl im Lernprozess eine entscheidende Rolle spielen, ist die Motivation von großer Bedeutung.[16] Vor allem Anerkennung, Lob und Ermutigung, aber auch helfende Zurechtweisung, wenn das Kind sich nicht genügend angestrengt hat, können sich motivierend auf die Lernbereitschaft auswirken. Auch Erfolgs- und manchmal sogar Misserfolgserlebnisse vermögen die Motivation zu verstärken,[17] da Kinder aus dem Misserfolg den förderlichen Schluss ziehen können, dass sie ihre Leistung durch mehr Anstrengung steigern könnten.[18]
     
  • Zugleich muss dem Kind der Sinn und die Bedeutsamkeit dessen, was es lernt, deutlich gemacht werden.[19] Das, was für das Kind wichtig ist, was für es persönlich Bedeutung hat, kann es leichter aufnehmen und behalten.[20]
     
  • Das Bedürfnis, den Selbstwert zu steigern, fördert ebenfalls die Lernbereitschaft. Etwas zu können, führt zu einem Erfolgserlebnis und steigert die Bedeutung der eigenen Person.
     
  • Außerdem sind Teenager selbst dann bereit zu lernen, wenn es ihnen keine große Freude macht, ihnen aber hilft, ein angestrebtes Ziel im Leben zu erreichen.[21]
     
  • Weil der emotionale Bereich im Lernvorgang eine bedeutende Rolle spielt, ist die Atmosphäre, in welcher gelernt wird (Ausstattung des Raums, Geist in der Gruppe), wichtig.

Diese eben ausgeführten Dinge fördern im Leben des Kindes die Lernbereitschaft. Es ist bereit mit Ausdauer und Konzentration bestimmte Aufgaben zu erledigen. Ohne größere Überwindung nimmt es eine positive Arbeitshaltung ein.[22]

Einflüsse der Gruppe auf die Lernbereitschaft

Eine Gruppe kann sich fördernd oder hemmend auf die Lernbereitschaft eines Kindes auswirken. Jedes Kind hat das Bedürfnis, von den anderen Kindern in der Gruppe angenommen und anerkannt zu sein. Deshalb entsteht ein gewisser Gruppendruck. Dadurch ist in einer leistungsorientierten Gruppe jedes Kind motiviert, gute Leistungen zu erbringen, weil er weiß, dass die Gruppe dies von ihm erwartet. Problematisch wird es aber, wenn die Gruppe leistungsfeindlich eingestellt ist.

Ein Kind, das bei den anderen Kindern beliebt ist, schätzt sich positiv ein und traut sich mehr zu. Es stellt recht hohe Ansprüche an sich selbst, die es auch erfüllt.[23] Besonders ungünstig ist es aber für ein Kind, wenn es in der Gruppe zum Außenseiter geworden ist. Meist fällt bei einem solchen Kind jede Lernbereitschaft weg. Die Lehrperson hat einem solchen Kind zu helfen, sich wieder in die Gruppe zu integrieren.

Die auf die biblischen Werte wie Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Vergebungsbereitschaft usw. ausgerichtete Lehrperson, bemüht sich darum, dass sich die Gruppe zu einer motivierten Lerngemeinschaft entfaltet. Das Gebet füreinander kann sich im Blick auf dieses Ziel helfend auswirken. Ängste, die mit dem Schulalltag verbunden sind (soziale Ängste, Prüfungs- und Leistungsängste) können so überwunden werden.

Im Lernprozess gilt es die Kinder/Teenager in ihrer Ganzheit zu beachten

Schließlich haben wir zu berücksichtigen, dass das Kind in seinem ganzen Menschsein (körperliche Verfassung, familiäre Situation, Medienkonsum) in den Unterricht einbezogen ist. Bestimmte alltägliche Erlebnisse, z.B. eine schwere Erkrankung der Mutter oder Streit mit den Eltern, können die Lernfähigkeit des Kindes blockieren.[24] Auch unverarbeitete Eindrücke von Fernsehsendungen oder aus dem Internet können das Lernen stark erschweren.

Diese ganzheitliche Sicht des Kindes zeigt uns, dass es unsere wichtigste Aufgabe ist, dem Kind zu helfen, in rechter Weise mit seinen von Gott geschenkten Veranlagungen und den Umwelteinflüssen, denen es ausgesetzt ist, umzugehen. Dieser richtige Umgang ist dann besonders gut möglich, wenn es Jesus im Glauben als persönlichen Retter annimmt.

2 Welche Konsequenzen hat das für den Lernvorgang?

Nachdem wir den Lernvorgang etwas näher betrachtet haben, gilt es, die Konse­quenzen für den Lehrvorgang zu ziehen, denn Lehren ist als Lernhilfe zu verste­hen, da Lernen als aktiver Vorgang verstanden wird.

Beziehung und Belehrung prägen den Lehrvorgang

Da das Kind grundsätzlich in seinem ganzen Menschsein und in seinem Entwicklungsstand in den Lernprozess einbezogen ist, müssen Lehren oder Unterrichten zuerst einmal Lebenshilfe sein. Dem Kind muss geholfen werden, mit seinen Veranlagungen richtig umzugehen. Es sollen ihm Hilfen für die Verarbeitung der Umwelteinflüsse gegeben werden. Dann wird Lehren zur Lebenshilfe, wenn es als Erziehung verstanden wird. Alle Erziehung besteht unter anderem aus den beiden Komponenten Beziehung und Belehrung, wobei die Beziehung der Belehrung vorgeordnet ist. Die Beziehung zur Lehrperson ist von entscheidender Bedeutung, sowohl für das einzelne Kind, als auch für die gesamte Gruppe.[25]

  • Bei der Beziehung geht es darum, dass die Lehrperson dem Kind zu spüren gibt, dass sie es liebt, ernst nimmt und ihm soweit wie möglich helfend zur Seite stehen will. Damit dies das Kind spürt, hat die Lehrperson sich ihm gegenüber freundlich zu verhalten und mit ihm das Gespräch zu suchen. Eine gute, tragfähige Bezie­hung zum Kind findet ihren Ausdruck oft in einem entspannten, freudigen und manchmal sogar humorvollen Umgang mit ihm. Sie achtet zudem darauf, dass sie das Kind nicht vor der Gruppe bloßstellt oder demütigt. Dies wirkt sich positiv auf die Unterrichtsatmosphäre aus.[26] Ganz besonders bemüht sich die Lehrperson um die vernachlässigten Kinder, die Mühe haben eine Vertrauensbeziehung aufzubauen.[27] Eine gute Beziehung zur Lehrperson weckt im Kind Achtung, Wohlwollen und Zutrauen[28] ihr gegenüber und die Bereitschaft zur Mitarbeit.
     
  • Bei der Belehrung gilt es zu beachten, dass das, was gelehrt wird, mit dem Leben der Lehrperson übereinstimmen sollte, damit auf der Belehrungs- und Beziehungsebene das Gleiche vermittelt wird. Lehre und Leben haben im Leben des Unterrichtenden eine Einheit zu bilden. Dies ist vor allem im Leben einer an Christus gläubigen Lehrperson möglich.

Wenn die Lehrperson auf der Beziehungs- und Belehrungsebene dasselbe vermittelt, entwickelt sich beim Kind eine positive emotionale Beziehung zu ihr. Sie wird für das Kind sogar zur Identifikations­person, die es freiwillig und spontan nachahmt.[29] Dadurch ist die Voraussetzung gegeben, dass sie das Kind zum Retter Jesus Christus, der Quelle der Liebe, führen kann. Hat es schon Jesus im Glauben als Retter angenommen, ist die Lehrperson in der Lage, den Umgestaltungsprozess ins Bild Gottes zu unterstützen und zu fördern.

Beim Lehren muss neben dem Denken, das Fühlen und Wollen des Kindes mitbe-rücksichtigt werden

Wir haben gesehen, dass beim Lernen nicht nur das Denken, sondern auch das Gefühl und der Wille mitbeteiligt sind.

  • Weil dies so ist, ist die Atmosphäre, in welcher gelehrt wird, von großer Wichtigkeit. Diese Atmosphäre ist zunächst von der Gestaltung des Zimmers abhängig. Schöne Bilder, Schülerzeichnungen, Pflanzen, Blumen usw. geben dem Raum eine persönliche Atmosphäre. Weiter prägen die Art und Weise, wie die Lehrperson und die Kinder miteinander umgehen und wie das Verhältnis der Kinder untereinander ist, die Atmosphäre.
     
  • Die Lehrperson hat sich auch darum zu bemühen im Kind für das, was sie unterrichtet, Interesse zu wecken. Dies ist dann möglich, wenn sie von dem, was sie unterrichtet, begeistert ist. Als Begeisterte vermittelt sie den Stoff nicht nur auf der kognitiven, sondern auch auf der emotionalen Ebene. Zudem lässt sie Erfahrungen und Erlebnisse mit dem, was sie unterrichtet, in ihren Unterricht einfließen.[30] Gewecktes Interesse motiviert die Kinder, sich das Gelehrte auch anzueignen. Es handelt sich hier um eine intrinsische Motivation. Die Kinder haben Spaß an der Sache.
     
  • Die Lehrperson bemüht sich auch, die Bedeutung und den Sinn dessen, was sie lehrt, aufzuzeigen, indem sie immer wieder eine Brücke in den Alltag der Kinder schlägt.[31] Sie zeigt ferner, wie das Gelernte ganz praktisch im Alltag umgesetzt werden kann.
     
  • Durch Ermutigung und Lob, ab und zu auch durch helfenden Zurechtweisung, weckt sie im Kind immer wieder neu die Lernbereitschaft.
     
  • Alles Lernen führt auch zu Ermüdung. Die Lehrperson hat sich bewusst zu sein, dass das Kind während des Unterrichts ermüdet. Die Lernkräfte und die Gedächtnisfähigkeit werden verbraucht. Die Ermüdung verläuft in der Regel progressiv. Diesem Umstand kann sie so Rechnung tragen, dass sie die Lernanforderungen gegen Ende der Stunde mindert (Wiederholung des Ausgeführten, Zeichnung, Bastelarbeit, usw.).

 

Wichtige Schwerpunkte des Lehrvorgangs

Es gilt einige wichtige Schwerpunkte im Blick auf das Unterrichten zu beachten:

  • Eine lebendige und anschauliche Sprache beim Unterrichten und das Entfalten klarer Begriffe fördern den Lernvorgang. Wie wichtig eine klare und verständliche Sprache im didaktischen Prozess ist, hat Karl Binneberg in seinem Aufsatz „Das didaktische Prinzip in der Wissenschaft“ aufgezeigt.[32] Zudem sollte eine gut eingesetzte Körpersprache (Gestik, Mimik) und der Augenkontakt das Lehren unterstützen.
     
  • Unterhaltende Elemente können den Unterricht auflockern und Spaß machen, doch darf sich der Unterricht nicht in der Unterhaltung erschöpfen.[33]
     
  • Die Veranschaulichung dessen, was gelehrt wird, durch Bilder, Skizzen, Modelle, audiovisuelle Medien ist sehr hilfreich.[34]
     
  • Die Lehrperson achtet auf eine logische oder hierarchische Strukturierung des Lehrmaterials, weil dies nachweislich die Lernleistung fördert.
     
  • Ihr ist auch der praktische Umgang mit dem, was gelehrt wird, sehr wichtig Für ihn gehören Wissen und Tun zusammen.[35]
     
  • Um das Gelehrte zu festigen, wiederholt er es mündlich oder schriftlich. Bestimmte Dinge übt er immer wieder mit den Kindern. Das Ziel des Lehrens ist es, dass die Kinder das Gelehrte so verinnerlichen, dass sie es im Alltag anwenden können und mit ihm Erfahrungen macht.

 

Lehren ist auch leiten

Lehren ist immer auch ein Leiten. Damit die Kinder das, was die Lehrperson lehrt, auch aufnehmen können, muss sie Leitung wahrnehmen. Sie hat die Aufgabe den Verlauf des Zusammenseins zu organisieren und ansprechend zu unterrichten. Zudem hat sie für Disziplin zu sorgen.[36] Sie lässt nicht zu, dass Kinder den Unterrichtsteil stören. Gerade dieses Bemühen um äußere Ordnung nimmt einen immer größeren Teil der Zeit und Kraft der Lehrpersonen in Anspruch.[37] Begabte Lehrpersonen können schnell einschätzen, was in einer Situation, in der ein Kind stört, getan werden muss. Dreistigkeiten von Kindern lassen sie sich nicht bieten. Auf keinen Fall dürfen sie ein störendes Kind vor den anderen anbrüllen. Jede Lehrperson muss das richtige Maß für die nötige Leitung fin­den. Sie sollte nicht zu straff aber auch nicht zu lasch leiten. Hans Jürgen Apel schreibt:

 

     „Das Führen-Können ist als eine pädagogische Kunst anzusehen.“[3]

 

Während des Unterrichtens ist es sicherlich richtig, autoritativ zu leiten. In der Phase der Vertiefung oder Anwendung, wenn es darum geht, das Gelernte vertiefend anzuwenden, ist die sozial-inte­grative Art zu leiten möglich.[38]

Das Ziel der Leitung besteht darin, die Kinder für ein aktives Mitdenken und Lernen zu motivieren.

Im Blick auf das Leiten der Kinder versteht sich die Lehrperson als Autorität. Sie leitet die Schüler eigentlich im Auftrag Gottes. Gott ist es, der sie beauftragt, die he­ranwachsenden Kindern seinen - in seiner Offenbarung vorgegebenen - Zielen ent­sprechend zu leiten. Die an Jesus glaubende Lehrperson unterstellt sich selbst bewusst der Autorität Gottes und hat insofern Autorität, als sie an dieser göttlichen Autorität Anteil hat. Diese von Gott verliehene Autorität zeigt sich vor allem in der Personautorität. Die Lehrperson hat ein gewisses Durchsetzungsvermögen, das aber nicht als Unterdrückung oder Einengung empfunden wird. Vielmehr ermöglicht dieses ein ange­nehmes, motivierendes Unterrichtsklima. Sie nimmt die individuellen Bedürfnisse der Kinder ernst. Zudem sucht er sie ihren Möglichkeiten entsprechend zu fördern. Diese göttliche Autorität wird durch die Sachautorität unterstützt. Sie hat in dem Bereich, in dem sie die Kinder unterrichtet, ein großes Wissen.

In Gott begründete Autorität sucht nicht die Distanz zu den Kindern, sondern ist darum bemüht, sie spüren zu lassen, dass man sie liebt. Sie lässt den Kindern auch den nötigen Raum für andere Meinungen.[39] Klare Leitung ist letztlich Ausdruck von Liebe. Diese klare Leitung fördert die kognitive, soziale, moralische und emotionale Entwicklung der Kinder und entfaltet auf diese Weise ihre Urteilskraft. Zudem werden die Kinder zu selbständigem Handeln angespornt.

Quellenangaben

Titelbild: Alexandra H. / pixelio.de

Artikel: Mit freundlicher Genemigung von Prof. Dr. Armin Mauerhofer

[1]  Mussen, P., Einführung in die Entwicklungspsychologie, Weinheim; München 19919, S. 44-45

[2]  Reinhardt, E., Grundlagen des Lehrens und Lernens, S. 107-113

[3]  Oerter, R.; Schuster-Oeltzschner, M., Gedächtnis und Wissen, in: Entwicklungspsychologie, hg. v. R. Oerter; L. Montada, München-Weinheim 1987, S. 540

[4]  Gudjons, H., Handlungsorientiert lehren und lernen, S. 50

[5]  Kratochwil, L., Unterrichten können, S. 146

[6]  Oerter, R.; Schuster-Oeltzschner, M., Gedächtnis und Wissen, S. 548-551

[7]  Schenk-Danzinger, L., Entwicklung, Sozialisation, Erziehung, Bd. 2, S. 318-319

[8]  Knoblauch, J., Lernstress ade! 33 Strategien für geistiges Arbeiten, Neukirchen-Vluyn 19853, S. 60

[9]  Skowronek, H., Lernen und Lerntheorien, in: Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis, hg. v. L. Roth, München 1991, S. 188-191

[10]  Wimmer, M, Bildungsruinen in der Wissensgesellschaft – Anmerkung zum Diskurs über die Zukunft der Bildung, in: Die verkaufte Bildung. Kritik und Kontroversen zur Kommerzialisierung von  Schulen, Weiterbildung, Erziehung und Wissenschaft, hg. v. I. Lohmann; R. Rilling, Opladen 2002, S. 56

[11]  Reinhardt, E., Grundlagen des Lehrens und Lernens, S. 124

[12]  ebd., S. 124-125

[13]  Pöggeler, F., Hausaufgaben! Helfen oder nicht?, Freiburg; Basel; Wien 1978, S. 37

[14]  Aebli, H, Zwölf Grundformen des Lehrens. Eine Allgemeine Didaktik auf psychologischer Grundlage. Medien und Inhalte didaktischer Kommunikation, der Lernzyklus, Stuttgart 199810

[15]  Hänze, M., Denken und Gefühl. Wechselwirkung zwischen Emotion und Kognition im Unterricht, Neuwied; Kriftel; Berlin 1998, S. 9

[16]  Gudjons, H., Pädagogisches Grundwissen, S. 210

[17]  Reinhardt, E., Grundlagen des Lehrens und Lernens, S. 144-145

[18]  Hänze, M., Denken und Gefühl, S. 93

[19]  Benner, D., Studien zur Didaktik und Schultheorie, S. 99

[20]  Hänze, M., Denken und Gefühl, S. 51

[21]  Fend, H., Entwicklungspsychologie des Jugendalters, S. 338

[22]  Schenk-Danzinger, L., Entwicklung, Sozialisation, Erziehung, Bd. 2, S. 309-310

[23]  Hänze, M., Denken und Gefühl, S. 31

[24]  Knoblauch, J., Lernstress ade!, S. 38

[25]  Groothoff, H.-H., Die Krise der allgemeinbildenden Schule. Über den Widerstreit von Bildung und Ausbildung im deutschen Schulwesen, Frankfurt a. M. 1989, S. 72

[26]  Kratochwil, L., Unterrichten können, S. 30-31

[27]  Schenk-Danzinger, L., Entwicklung, Sozialisation, Erziehung, Bd. 2, S. 301-302

[28]  Glöckel, H., Pädagogik des Zutrauens, in: Pädagogische Rundschau, Frankfurt a. M. Nr. 4/2004, S.474

[29]  Siegenthaler, H., Die erzieherische Dimension des Unterrichts. Eine Einführung für alle Lehrkräfte aller Stufen, Zürich; Hitzkirch 1999, S. 43

[30]  Lankes, E.-M.; Prenzel, M., Wie Lehrer Interesse wecken und fördern können, in: Der gute Lehrer, S. 76

[31]  Hartinger, A.; Fölling-Albers, M., Schüler motivieren und interessieren. Ergebnisse aus der Forschung. Anregungen für die Praxis, Bad Heilbrunn 2002, S.100

[32]  Binneberg, K., Das didaktische Prinzip in der Wissenschaft. Wolfgang Klafki zum 70. Geburtstag am 1. September 1997, in: Pädagogische Rundschau, Frankfurt a. M. Nr. 4/1997, S. 422.425

[33]  Rauschenberger, H., Erzieherisches Denken und Handeln, S. 175

[34]  Kratochwil, L., Unterrichten können, S. 53

[35]  Wollenweber, H., Modernisierungsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft als Herausforderung für schulische Bildungs- und Erziehungsarbeit, in: Pädagogische Rundschau, Frankfurt a. M.; Berlin; Bern; New York; Paris; Wien Nr. 1/1994, S. 18-19

[36]  Apel, H.J., Herausforderung Schulklasse, S.85

[37]  Wellenhofer, W., Unterricht heute, S. 51

[38]  Apel, H. J., Schulpädagogik und pädagogische Bildung (1994), in: Texte zur Schulpädagogik. Selbstverständnis, Entstehung und Schwerpunkte schulpädagogischen Denkens, hg. v. H.-J., Apel; H.-U., Grunder, Weinheim; München 1995, S. 251

[39]  Reinhardt, E., Grundlagen des Lehrens und Lernens, S. 180-185

[40]  ebd., S. 334-335

Autor

Prof. Dr. Armin Mauerhofer, seit 2004 Professor für Homiletik und Katechetik an der STH Basel 

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